Guimarães: Wiege Portugals und Europäische Kulturhauptstadt 2012

Vorgeschichte

Ich habe mir vorgenommen, möglichst jedes Jahr mindestens eine der Europäischen Kulturhauptstädte zu besuchen. Das sind meistens eher kleinere, unbekanntere Städte oder Städte mit einem gewissen kulturellen Entwicklungspotenzial (Nachholbedarf?). Nachdem ich vor zwei Jahren im Ruhrgebiet (»RUHR.2010«) unterwegs war und letztes Jahr in Turku (»Turku 2011«) gelebt habe, sah ich das an Anlass, die Serie fortzusetzen. Dieses Jahr sind die beiden Kulturhauptstädte Maribor in Slowenien und eben Guimarães in Nordportugal. Ursprünglich wollte ich nach Maribor, weil ich dachte, da könnte man leicht hinkommen. Es gibt sogar einen Direktbus von Göttingen, der braucht allerdings 14 Stunden und kostet im Studententarif pro Fahrt 95 Euro. Das war mir eindeutig zu viel, und ich hätte keine Zeit gehabt, mir auch Ljubljana anzuschauen. Schon fast hatte ich meinen Plan aufgegeben, schließlich näherte sich das Jahr mit bedrohlich großen Schritte seinem Ende, als ich dann eher aus Spaß mal geschaut habe, wie ich denn nach Guimarães kommen könnte.

Anreise

Und in der Tat, das ist verhältnismäßig einfach. Zug bis Bremen, Flug nach Porto, Zug nach Guimarães. Plötzlich war ich besessen und habe sofort angefangen, nach günstigen Flügen zu suchen und habe dann auch ziemlich schnell gebucht. Porto wollte ich natürlich auch sehen, weshalb ich zuerst zwei Tage dort war und danach für weitere zwei Tage nach Guimarães gefahren bin.

Abflug in Bremen, Freitag (14. Dezember), 7 Uhr. Also fahre ich schon am Donnerstagabend mit der letzten Verbindung von Göttigen in die Hansestadt. Der Flughafen BRE ist recht zentrumsnah, und da ich eh nichts Besseres zu tun hatte, habe ich mich entschlossen, dorthin zu laufen. Als ich nach etwa 30 Minuten am Flughafen ankomme, muss ich erstmal nach einer offenen Tür suchen und bin schon kurz verzweifelt. Doch dann finde ich den Eingang und in der ersehnten Wärme ist schon reges Treiben zu beobachten, um 3 Uhr. Junge leute dösen auf Sitzbänken, sogar eine Familie mit kleinen Kindern ist da. Auch ich suche mir ein ruhiges Plätzchen und lege mich ein bisschen hin, mit der ständigen Sorge im Nacken, pünktlich um 6:15 Uhr tief und fest einzuschlafen. Das passiert dann zum Glück nicht. Bei der Sicherheitskontrolle schenkt mir noch ein netter Engländer einen der Kosmetik-Plastikbeutel und es geht alles gut.

Begrüßung am Flughafen


Ankunft in Porto, Freitag, kurz vor 10 Uhr. Es gibt eine Straßenbahnlinie ins Stadtzentrum, die Fahrt dauert etwa 30 Minuten und kostet lediglich 1,80 Euro. Als Ticket erhält mal ein Pappkärtchen mit RFID-Chip und aufgebuchtem Fahrschein (das kostet 50 Cent Pfand, ist aber beliebig wieder aufladbar). Im Zentrum angekommen, fängt es an zu regnen – und es sollte diesen Tag nicht mehr aufhören. Ausgestiegen bin ich dann am Bahnhof Campanhã, von dort aus habe ich dann zu Fuß die Stadt erkundet.

Porto

Verregnetes Porto

Verregnetes Porto


Noch bevor ich überhaupt einen Regenschirm besorgen konnte (für gewöhnlich besitze ich keine), war ich allerdings schon klatschnass bis auf die Haut. Alles, was ich so an Papieren und Büchern dabei hatte, habe ich dann versucht, in Plastiktüten zu verstauen. Wacker habe ich dann die graue Stadt trotz Bindfaden-Regens angeschaut – wenn ich schonmal da bin, muss ich schließlich auch was sehen.Irgendwann war ich dann im Zentrum angelangt. Auffällig sind die engen Gässchen, vorbei an Häusern mit bunten Fassaden, teilweise mit Fliesen verziert, was auf außerordentlichen Reichtum früherer Beseitzer hindeutet. Vor allem Kirchen haben oft eine Fliesenfassade.

Irgendwann habe ich mich dann auf den Weg zu meinem Hostel gemacht, wo ich für nur 9,90 Euro geschlafen habe. Es gab in meinem Appartement zwei Zimmer mit zwei bzw. drei Betten, sowie eine Küche und ein Bad. Und da ich der einzige Gast war, hatte ich praktischerweise alles für mich allein. Dann habe ich heiß geduscht und den Rest des Abends entspannt.

Am nächsten Tag bin ich mit immer noch klammen Klamotten (meine Wechselkleidung war ja auch nass …) wieder in die Stadt gegangen. Es war immerhin ein bisschen trockener als am ersten Tag. Über die gigantische wp:Ponte Dom Luís I gelangt man über den Douro nach wp:Vila Nova de Gaia, wo den Touristen vor allem Portweinlokale erwarten. Ich bin ja nicht so ein Weinfreund, also bin ich recht schnell wieder zurück nach Porto gelaufen. Insgesamt überspannen den Douro zwischen den beiden Städten sechs Brücken, Rekord in Portugal. Ein Witz lautet daher: »Welche Stadt außer Porto hat noch sechs Brücken? – Gaia.« Naja.

Ich bin dann noch mit der wp:en:Trams in Porto|historischen Straßenbahn gefahren, die eher für touristische Rundfahrten genutzt wird. Aber diese alten Wagen sind schon sehr schick. Eine der Endstationen ist das wp:Museu do Carro Eléctrico, das ich natürlich auch angeschaut habe. Auf dem Weg zum wp:Bahnhof Porto São Bento|Bahnhof São Bento habe ich dann noch einen Blick in das Portweinmuseum, ein neu errichtetes Marionettenmuseum und das Museum für Kommunikation und Transport geworfen, das vor allem Autos ausstellte. Von São Bento bin ich dann nach Guimarães gefahren, etwa eine Stunde mit der S-Bahn für 3 Euro.

Ich bin ja sehr froh, dass ich hier überhaupt ein paar Bilder zeigen kann. In Guimarães hatte meine Kamera nämlich plötzlich »Speicherkarten Fehler« (sic!) gemeldet. Zum Glück konnte ich mit etwas Hilfe und der passenden Software die Bilder wiederherstellen. 🙂

Guimarães

Aqui nasceu Portugal

Aquí nasceu Portugal


Dort habe ich mich sofort auf den Weg zu meinem Hostel gemacht, wo ich freundlich empfangen wurde und erstmal meine Sachen gelagert habe. Nach einer erneuten Dusche zum Aufwärmen bin ich dann durch den – trockenen – Abend gelaufen. Sofort hatte ich einen positiven Eindruck von dem doch sehr kleinen und überschaubaren Städtchen. Das Logo der Kulturhauptstadt ist ein Herz, das wirklich überall in allen Gestaltungsformen zu finden ist. Aus Guimarães stammt der erste portugiesische König, wp:Alfons I. (Portugal)|Dom Afonso Henriques, weshalb die Menschen hier besonders stolz auf ihre Stadt sind. An einem Stück Mauer prankt gar der Spruch Aquí nasceu Portugal – Hier wurde Portugal geboren.

Die Stadt ist sehr überschaubar. Im Welcome Center der Kulturhauptstadt hatte ich mich erkundigt, was ich an den beiden Tagen, die ich da war, machen könnte. Für Sonntag hat mir die Mitarbeiterin dann empfohlen, den Palast Paço dos Duques de Bragança und direkt daneben das Schloss anzuschauen, beide hatten bis 14 Uhr kostenlosen Eintritt. Das habe ich dann auch gemacht, wobei man dort die üblichen und erwarteten Exponate findet: Wandteppiche, Bilder, historisch eingerichtete Wohn-, Speise- und Schlafsäle usw. Nichts Besonderes.

Danach bin ich in das ebenfalls kostenlose Museu Alberto Sampaio gegangen, das vor allem sakrale Kunst zeigt. Eigentlich nicht so mein Ding, aber sehr willkommen als Schutz vor dem Regen. In einer anderen Ausstellung gab es vor allem afrikanische Kunst (Masken und so weiter) zu sehen, daneben modernere Kunst – schon eher meins. Insgesamt hat es mir in Guimarães gut gefallen, auch bei Tageslicht ist die Altstadt sehr sehenswert.

Am Montagmorgen bin ich dann morgen um 6 Uhr mit dem Bus zurück zum Flughafen Porto gefahren und war nachmittags in Bremen, am Abend dann in Göttingen. Ein schönes Wochenende, das ruhig etwas trockener hätte sein können. Jetzt ist es fast zwei Wochen her, aber ich glaube, meine Postkarten sind immer noch nicht angekommen, oder? 😉

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